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Kandinsky's Universe
Geometrische Abstraktion: Sind das bloß Quadrate und Kreise, Punkte und Linien ohne Sinn und Aussage? Ein unpersönlicher Dekor, eine monotone Kästchenkunst? Auf keinen Fall! Wer sich mit der Geschichte dieser Art der künstlerischen Gestaltung beschäftigt, wird schnell feststellen, wie facettenreich die Aussagen dieser vermeintlich immergleichen Formen sind, und wie viel sie uns über die Zeit ihrer Entstehung erzählen.
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Piet Mondrian: Composition With Yellow, 1930, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf
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Verena Loewensberg: Untitled, 1965, Private Collection, Switzerland, Courtesy of Henriette Coray Loewensberg, Verena Loewensberg Estate Zurich
Photo: Philipp Hitz
Der Beginn der geometrischen Abstraktion im frühen 20. Jahrhundert fiel zusammen mit dem Aufbruch zur Moderne. Die neue Epoche, die von technischem Fortschritt und wissenschaftlichen Entdeckungen geprägt war, verlangte nach einer Kunst, die sich nicht mehr auf die Beschreibung der sichtbaren Welt beschränkte. Photographie und Film hatten die Aufgabe der mimetischen Wiedergabe übernommen – die Kunst war frei, neue Wege zu gehen. Zwar existierten abstrakte Muster in zahllosen Kulturen bereits seit Jahrtausenden, doch erst um 1910 entdeckten Künstler und Künstlerinnen die geometrische Form als autonomen Bildgegenstand. Die Abstraktion war für sie eine Möglichkeit, sich auch die immateriellen Welten und spirituellen Vorstellungen künstlerisch anzueignen.
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Richard Anuszkiewicz: Metamorphosis Of Cadmium Red - Blue Line, 1979, The Estate of Richard Anuszkiewicz, VG-Bild Kunst, Bonn 2025
Photo: The Loretta Howard Gallery
Kandinsky – Vordenker und Vermittler der Abstraktion
Ein Pionier der Abstraktion war der 1866 in Moskau geborene Wassily Kandinsky. Im Bayerischen Murnau hatte er mit seiner expressiven Malerei die Farbe befreit, bevor er 1913 dazu überging, ganz abstrakt zu arbeiten. Seine frühen „Impressionen“, „Improvisationen“ und „Kompositionen“ aus biomorphen Gebilden waren von der modernen Musik inspiriert. Auch in seinen theoretischen Überlegungen beschäftigte sich der Synästhetiker mit der Wirkung von gegenstandslosen Formen und Farben. 1911 erschien seine wegweisende Schrift Über das Geistige in der Kunst. Als Vermittler gab Kandinsky seine Einsichten in Moskau, am Bauhaus in Weimar und schließlich in Paris an die nächste Generation. Gleichzeitig war er offen für neue Einflüsse und entwickelte seine persönliche Abstraktion bis zu seinem Tod 1944 stetig weiter.
Die Form selbst, wenn sie auch ganz abstrakt ist und einer geometrischen gleicht, hat ihren inneren Klang, ist ein geistiges Wesen mit Eigenschaften, die mit dieser Form identisch sind.
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Ljubow Popowa: Spatial Force Construction, 1920/21, MOMus - Museum of Modern Art - Costakis Collection, Thessaloniki
Zu Beginn traf die geometrische Abstraktion nicht selten auf Ablehnung. Im Winter 1915 schockierte ein schwarzes Quadrat auf weißem Grund die Besucher einer Ausstellung in St. Petersburg. Gemalt hatte es der aus Kyjiw stammende Kasimir Malewitsch. Das Bild war eine Tabula Rasa, ein Ende und gleichzeitig Neubeginn für die Malerei. Den Horizont und das Blau des Himmels hatte Malewitsch durch einen hellen Bildgrund ersetzt, vor dem die einfachen geometrischen Formen zu schweben scheinen. Suprematismus, vom Lateinischen Supremus – das Höchste – nannte er selbstbewusst diese radikale Kunst, die den Menschen zu neuen Erkenntnissen führen sollte.
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Exhibition view of 0.10 - The last futuristic exhibition of painting, St. Petersburg 1916
In meinem verzweifelten Bemühen, die Kunst vom Ballast der gegenständlichen Welt zu befreien, floh ich zur Form des Quadrats.
1917 beendete die Oktoberrevolution die Ära der Zarenherrschaft. Die Bolschewiki unter der Führung Lenins beriefen Malewitsch und andere Avantgardisten auf Posten in den neugegründeten staatlichen Kulturinstitutionen. Der Aufbruch war allgegenwärtig. Malewitschs Anhänger nannten sich „Verfechter der neuen Kunst“.
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El Lissitzky: Untitled, 1919/20, Peggy Guggenheim Collection, Venedig (Solomon R. Guggenheim Foundation, New York)
In diesem Umfeld entstand auch der Konstruktivismus. Treibende Kraft war Alexander Rodtschenko, der seine Kunst wie eine Wissenschaft betrieb. In Serien untersuchte er die Einsatzmöglichkeiten der Linie oder die Ausdehnung von Farben. Der Konstruktivismus nutzte Begriffe aus dem Ingenieurwesen und der Wissenschaft. Die Komposition wurde durch die Konstruktion als Prinzip der künstlerischen Gestaltung ersetzt und subjektive Schöpfungen durch kollektive Produktion. Damit wollten die Konstruktivisten zur Formung der neuen, sozialistischen Gesellschaft beitragen.
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Alexander Rodtschenko: Lineism, 1920, MOMus - Museum of Modern Art - Costakis Collection, Thessaloniki, VG Bild-Kunst, Bonn 2025
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Ljubow Popowa; Painterly Architectonics, 1918/19, MOMus - Museum of Modern Art - Costakis Collection, Thessaloniki
Kandinsky im Kommunismus
Die theoretischen Grundlagen des Konstruktivismus waren am Institut für Künstlerische Kultur, dem INChUK, entwickelt worden, das bis Anfang 1921 von Wassily Kandinsky geleitet wurde. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs musste der Russe, der seit 1896 in Bayern gelebt hatte, das Deutsche Kaiserreich verlassen. Zurück in Moskau integrierte Kandinsky Elemente der aktuellen Kunstströmungen: Seine organische, von Chiffren durchzogene Abstraktion bereicherte er um geometrische Formen aus dem Repertoire der Suprematisten und Konstruktivisten. Doch die ideologischen Diskussionen am INChUK und der Drang zur Objektivierung der Kunst widerstrebten Kandinsky. Ende 1921 kehrte er nach Deutschland zurück.
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Ilya Chashnik: Suprematist Cross, 1923, MOMus - Museum of Modern Art - Costakis Collection, Thessaloniki
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Wassily Kandinsky: White Cross, 1922, Peggy Guggenheim Collection, Venice (Solomon R. Guggenheim Foundation, New York)
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László Moholy-Nagy: Composition Z VIII, 1924
Staatliche Museen zu Berlin — Neue Nationalgalerie
1922 ging Kandinsky als Lehrer ans Bauhaus. Walter Gropius hatte die Schule, an der freie und angewandte Kunst gleichwertig behandelt wurden, 1919 in Weimar begründet. Neben Klassen für Photographie und Architektur gab es Werkstätten für Glasmalerei, Weberei oder Keramik. Das Bauhaus wurde schnell zum Anziehungspunkt moderner Künstler weit über die Grenzen der Weimarer Republik hinaus. Zu den Lehrenden – auch Meister genannt – gehörten der Ungar László Moholy-Nagy und der Schweizer Johannes Itten.
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Johannes Itten: Sticks and Planes, 1955, Mercedes-Benz Art Collection, © Andreas Freytag, Stuttgart, VG Bild-Kunst, 2025
Der Punkt ist eine kleine Welt – von allen Seiten mehr oder weniger gleichmäßig abgetrennt und fast aus der Umgebung herausgerissen. [...] Nur die konzentrische Spannung offenbart seine innere Verwandtschaft mit dem Kreis – die anderen Eigenschaften deuten mehr auf das Quadrat.
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Wassily Kandinsky: Emphasized Corners, 1923, Nahmad Collection
Der schnörkellose Stil vom Bauhaus, der von Funktionalität bestimmt war, fand Widerhall in der Abstraktion Kandinskys. Seine Werke aus den 1920er Jahren wirken beherrschter, strukturierter. In die Zeit am Bauhaus fällt auch die Veröffentlichung seiner zweiten programmatischen Schrift: 1926 erschien Punkt und Linie zu Fläche, das sich mit den Grundelementen der Kunst beschäftigt.
Die geometrische Linie ist [...] die Spur des sich bewegenden Punktes, also sein Erzeugnis. Sie ist aus der Bewegung entstanden – und zwar durch Vernichtung der höchsten in sich geschlossenen Ruhe des Punktes. Hier wird der Sprung aus dem Statischen in das Dynamische gemacht.
Abstraktion unter Druck
1925 war das Bauhaus nach Dessau gezogen. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten stand die progressive Kunstschule allerdings zunehmend unter Druck. Nach einem Zwischenspiel in Berlin wurde sie 1933 endgültig geschlossen. Wie in der Sowjetunion, wo sie mittlerweile als formalistisch abgelehnt wurde, geriet die abstrakte Kunst auch im totalitären NS-Deutschland ins Visier der Kulturpolitik. Der Höhepunkt der Verfemung war die Schmäh-Schau „Entartete Kunst“, auf der 1937 auch abstrakte Werke von Kandinsky gezeigt wurden. Zu diesem Zeitpunkt hielt sich Kandinsky, der noch 1928 die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hatte, bereits in Frankreich auf.
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Exhibition „Entartete Kunst“, Photo by Erich Andres, Munich 1937, © Staatsarchiv Hamburg, Foto: Erich Andres, 720-1/343-1/A24_56_10
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Die erzwungene Schließung war nicht das endgültige Aus für das Bauhaus. Ehemalige „Bauhäusler“ verbreiteten die Ideen und Ästhetik in aller Welt. Josef Albers etwa ging in die USA und vermittelte am Black Mountain College seine Erkenntnisse zur Wahrnehmung der Farben anhand des Quadrats. Und in der Schweiz gehörte Max Bill, ein ehemaliger Schüler von Kandinsky, zu den Mitbegründern der Zürcher Schule der Konkreten. Sie forderten eine Kunst, die ganz ohne Bezüge auf die materielle oder spirituelle Welt auskommt.
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Josef Albers: Study for Homage to the Square, 1965, Josef Albers Museum Quadrat Bottrop © VG Bild-Kunst, Bonn 2025
konkrete kunst nennen wir jene kunstwerke, die aufgrund ihrer ureigenen mittel und gesetzmässigkeiten – ohne äusserliche anlehnung an naturerscheinungen oder deren transformierung, also nicht durch abstraktion – entstanden sind. konkrete kunst ist in ihrer eigenart selbständig. sie ist der ausdruck des menschlichen geistes, für den menschlichen geist bestimmt [...]. konkrete malerei und plastik ist die gestaltung von optisch wahrnehmbarem. ihre gestaltungsmittel sind die farben, der raum, das licht und die bewegung
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Max Bill: Reflections from dark and light, 1975, Dr. Angela Thomas, Haus Bill, Zumikon, Switzerland. www.maxbill.ch © VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Photo: Hauser & Wirth
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Auguste Herbin: Good, 1952, Fondation Gandur pour l’Art, Genève © VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Photo: Sandra Pointet
Kandinsky war 1933 nach Neuilly-sur-Seine in die Nähe von Paris emigriert. Noch immer war die Kapitale der Moderne ein Sehnsuchtsort für Künstler. Zu ihnen gehörte auch der Niederländer Piet Mondrian, der bereits seit 1912 mit Unterbrechungen in Paris lebte. 1917 hatte er mit Theo van Doesburg die Gruppe De Stijl gegründet. Sie proklamierten eine gegenstandlose Kunst, die auf horizontalen und vertikalen Rastern und Rechtecken in den Grundfarben beruht. Der puristische Stil, der bald auch fürs Design übernommen wurde, traf den Nerv der Zeit und wurde international stark rezipiert: Die Britin Marlow Moss oder der Franzose Jean Gorin sind nur einige der Anhänger des Neo-Plastizismus, wie Mondrian seine Abstraktion nannte.
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Piet Mondrian: Composition with Yellow and Blue, 1932, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, Beyeler Collection, purchased with generous support by Hartmann P. and Cécile Koechlin-Tanner, Riehen
Was will ich mit meinem Werk ausdrücken? Nichts anderes als das, was jeder andere Künstler sucht: Harmonie durch das Gleichgewicht der Beziehungen zwischen Linien, Farben und Flächen zu erreichen. Aber nur auf die klarste und stärkste Weise.
Mitte der 1920er Jahre hatte sich Mondrian nach Diskussionen über den Einsatz von diagonalen Linien von der De Stijl Gruppe distanziert. Sein Pariser Atelier, dessen Wände wie Mondrians Gemälde mit Rechtecken in den Primärfarben überzogen war, blieb dennoch ein Anlaufpunkt für junge Künstler. Für den jungen Amerikaner Alexander Calder war der Besuch bei Mondrian ein Wendepunkt: Nun begann er, selbst abstrakt zu arbeiten. In den frühen 1930er Jahren gestaltete Calder seine ersten Mobiles.
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Alexander Calder: Untitled, 1963, Fondation Gandur pour l’Art, Genève 2025 © Calder Foundation, New York/Artists Rights Society (ARS), New York
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Sophie Taeuber-Arp: Twelve Spaces with Planes, Angular Bands, and Laid with Circles, 1939, Kunsthaus Zürich, Geschenk Hans Arp, 1958
1931 war in Paris die Gruppe Abstraction-Création gegründet worden, die unterschiedliche Wege der gegenstandslosen Kunst vereinte. Ihre internationalen Mitglieder wollten mit Ausstellungen und Publikationen eine Plattform für die abstrakte Kunst schaffen. Damit setzten sie auch ein Signal gegen den allgegenwärtigen Surrealismus. Allerdings waren die Grenzen zwischen den figürlichen Fantasien der Surrealisten und der rein abstrakten Bildsprache durchlässig. Kandinsky etwa spielte mit assoziativen Elemente des Surrealismus.
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Wassily Kandinsky: Accompanied Center, 1937, Nahmad Collection
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Konstruktivistische Utopien in der britischen Kunst
Der Beginn des Zweiten Weltkriegs veränderte die Landkarte der Abstraktion erneut. Während Kandinsky auch nach der Besetzung durch die Deutsche Wehrmacht 1940 in Paris ausharrte, sahen sich zahlreiche moderne Künstler gezwungen, – erneut – zu emigrieren. Einige machten Station in London, wo Barbara Hepworth und Ben Nicholson mit abstrakten räumlichen Arbeiten experimentierten. Die britischen Konstruktivisten der Nachkriegszeit, auch Constructionists genannt, entdeckten das Relief als Ausdrucksform. Ihre reduzierte Abstraktion beruht auf mathematischen – und damit universellen – Prinzipien.
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Barbara Hepworth: Conoid, Sphere and Hollow III, 1937, UK Government Art Collection © Barbara Hepworth, Bowness
Ich denke, dass abstrakte Kunst nicht etwa eine beschränkte Ausdrucksweise ist, nur von wenigen verstanden, sondern stattdessen eine machtvolle, unbegrenzte und universelle Sprache darstellt.
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Mary Martin: White-Faced Relief, 1959, Sainsbury Centre, University of East Anglia © Paul Martin
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Anthony Hill: Progression of Rectangles, Version II, 1954-1959, Sainsbury Centre, University of East Anglia; Bequeathed by Joyce and Michael Morris, 2014 © VG Bild-Kunst, Bonn 2025
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Miriam Shapiro: Jigsaw, 1969, Whitney Museum of American Art, New York; Purchase, with funds from Mr. and Mrs. Harry Kahn © VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Photo: 2025 Digital image, Whitney Museum of American Art/Scala, Florence
In der Nachkriegszeit begann der Aufstieg der USA zum Motor der Kunstwelt. Nachdem zunächst der Abstrakte Expressionismus mit seinem gestischen Ausdruck und der körperlichen Machart die Szene dominiert hatte, folgte in den 1960er Jahren eine Rückkehr zur klaren Form. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten wurde auch die abstrakte Malerei wortwörtlich von ihren Grenzen befreit: Die Formate wurden ins Monumentale gesteigert und die jahrhundertealte Logik des rechteckigen Malgrunds aufgegeben. Ellsworth Kelly und Frank Stella fertigten Shaped Canvases, also Leinwände mit runden oder mehreckigen Rändern. Die populäre Hard-Edge-Malerei, bei der sich die Formen durch „harte Kanten“ scharf gegeneinander abgrenzten, zeichnete sich durch poppige Farben und glatte Oberflächen aus.
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Ellsworth Kelly: Blue Yellow, 1968, Private collection © Ellsworth Kelly Foundation
Meine Gemälde stellen keine Objekte dar. Sie sind selbst Objekte und fragmentierte Wahrnehmungen von Dingen.
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Kenneth Noland: Half-Time, 1964, ASOM Collection © VG Bild-Kunst, Bonn 2025
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Al Held: The Dowager Empress, 1965, Whitney Museum of American Art, New York; Purchase, with funds from the Friends of the Whitney Museum of American Art © VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Photo: 2025 Digital image, Whitney Museum of American Art/Scala, Florence
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Paul Reed: Coherence, 1966, National Gallery of Art, Washington, Gift of Bill McGillicuddy in memory of Thomas W. Reed and Robert A. Reed
Die Flut an Gütern der amerikanischen Konsumgesellschaft wurde auch in der Kunstproduktion reflektiert. Statt Ölfarben verwendeten viele Zeitgenossen industriell hergestellte Acrylfarben oder sogar Wandfarben aus dem Baumarkt. Die Künstler der Minimal Art unterdrückten jede persönliche Handschrift und schufen so Distanz zu ihren Werken; das serielle Arbeiten löste die individuelle Kreation ab. Donald Judd ließ seine Quader aus Plexiglas und Stahl gleich ganz von Arbeitern herstellen. Seine minimalistischen Objekte aus geometrischen Formen thematisierten den sie umgebenden Raum.
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Donald Judd: Untitled, 1969, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Marzona Collection © VG Bild-Kunst, Bonn 2025
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Exhibition view Primary Structures. Younger American and British Sculptors, New York 1966, Photo: Rudolph Burckhardt
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Bridget Riley: Shih-Li, 1975, ASOM Collection © Bridget Riley
Mit der Op-Art, kurz für Optical Art, begann die geometrische Abstraktion zu tanzen. Die statischen, zweidimensionalen Kompositionen der Britin Bridget Riley oder der Amerikanerin Margaret Wenstrup scheinen sich vor unserem Auge auszudehnen, zu rotieren und zu vibrieren. Einflüsse der psychedelischen Kunst und der Geist des Raumfahrtzeitalters sind spürbar. Der Ungar Victor Vasarely schickte einige seiner Graphiken sogar per Raumschiff ins All.
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Margaret Wenstrup: Whirligig , 1964, D. Wigmore Fine Art, Inc., New York © Estate of Margaret Wenstrup, Photo: Noel Allum
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Julian Stanczak: Firefly, 1973, Collection David and Kathryn Birnbaum © Estate of Julian Stanczak, Photo: Wes Magyar
Die Op-Art nutze optische Effekte wie Verzerrung oder Kontraste. Damit schloss sie an die Anfänge der abstrakten Kunst an, denn schon Kandinsky, die osteuropäischen Avantgardisten und Bauhäusler wie Josef Albers hatten die Wirkung von Farbe und Form auf das Auge analysiert. Gleichzeitig löste sich die Op-Art, deren Name nicht zuletzt an die zeitgleiche Pop-Art der 1960er Jahre erinnert, von den spirituellen und intellektuellen Zuschreibung an die Abstraktion. Stattdessen bot sie ein auf die Gegenwart gerichtetes Spiel mit der Wahrnehmung.
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Victor Vasarely: Boglar I, 1966, ASOM Collection © VG Bild-Kunst, Bonn 2025